Endlich kann man wieder die knatschbunten Badeshorts, die Taucherflossen und die XXL-Kühltasche rauskramen – es ist Freibadsaison!
Schon der münstersche Regierungsbaumeister Theodor Venhofen wusste: „Die wohltuende seelische Einwirkung einer großen Wasserfläche kann nicht hoch genug veranschlagt werden“ und ließ den Aasee
buddeln, der 1934 fertig wurde.
Das kühlende Naß hatte aber schon viel früher eine starke Anziehungskraft auf die Münsteraner. So verdreckt die Aa auch im Mittelalter war, die Menschen liebten es, in der braunen Brühe zu
baden. Im 18. Jahrhundert kraulte man auch gerne mal eine Runde durch die Befestigungsgräben, die um die Stadt liefen. Das erregte offenbar öffentliches Ärgernis. So berichten Quellen über eine
Anzeige des Generalvikars, der im Jahr 1792 ein paar nackte Gestalten an der Promenade hatte baden sehen. Ein paar Tage später wurden diese Aktivitäten – mit oder ohne Kleidung -
strengstens verboten. An einer Stelle der Promenade blieb das Baden jedoch erlaubt: Seit 1790 betrieb dort ein gewisser Rüschhoff mit Privileg der Hofkammer eine Kaffee-, Schenk- und
Badewirtschaft.
Ab 1838 gab es dann die „Städtische Bade- und Waschanstalt“ an der Badestraße, die man durch das Haus Nummer 5 betreten konnte. Knapp 30 Jahre später entstand ein paar Häuser weiter in der
Badestraße 15 die private „Oexmannsche Badeanstalt“. Kurz vor dem Flussloch, dem Durchfluss zur Promenade, hatte man ein aus Weidenbüschen geflochtenes Wehr quer durch das Flussbett gezogen. Es
sollte den von oberhalb kommenden Müll auffangen. Sehr oft hingen Tierkadaver und Haufen toter Fische vor dem Wehr. Wenn im Sommer der Badebetrieb eröffnet wurde, spannte man längs der
Badestraße quer über den Fluss eine Segeltuchwand. Wegen der Spanner, die aber sowieso nicht viel zu spannen hatten, da „der Badebetrieb wegen der primitiven Zustände nie allzu lebhaft
war.“
Ganz oben auf der Hitliste stand das „Plümps“ in der Aa, Nähe Sentruper Straße. Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Freibad, denn es kostete keinen Eintritt und war eigentlich verboten. Man
zog sich aus wo man stand und während man im Wasser planschte, musste ständig jemand Schmiere stehen, da sonst die Klamotten futsch waren. Außerdem hieß es untertauchen oder rennen, wenn jemand
Alarm schlug: Putz! (Polizei).
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich ein stylischer Badedress: Die Damen trugen Tunika artige Überkleider im Marinelook bis weit über die Knie und darunter eine wadenlange Hose; die Herren
Badehosen, die lang genug waren, die Oberschenkel zu bedecken. Und den Nachwuchs stopfte man in niedliche Matrosenanzüge oder Prinzesskleidchen.
Am 11. Juni 1888 wurde die neue schicke „Bade- und Waschanstalt am Zoo“ feierlich eröffnet. Der Münstersche Anzeiger schrieb:
„Wer einmal an einem schwülen Julitag seine müden und erhitzten Glieder zu der seligen alten Badeanstalt trug und in den trüben, lauwarmen Fluthen der von Sagen und schlüpfrigen Wasserpflanzen
umsponnenen Aa vergeblich erquickende Kühle suchte, wer an einem schönen Sommermorgen hoffnungsfreudig in das Bad stieg und aus demselben nicht wie ein Schwan, in schneeiger Weiße, sondern
bedeckt mit Schlamm emportauchte, überhaupt jeder, der die morsche, primitiv ausgestattete Bretterbude gekannt hat, wird frohlockt haben bei dem Anblick der heute morgen dem Publikum zur
Benutzung übergebenen neuen städtischen Badeanstalt.“
1891 wurde die Schwimmvereinigung Münster gegründet und zwei Jahre später das Werseschwimmbad eingeweiht. Dort zogen dann stolze Männer mit gezwirbelten Bärten in gestreiften Badeanzügen ihre
Bahnen. Tatsächlich nur Männer, denn eine Damenabteilung wurde erst 1920 gegründet. Als sich das Herrenbad 1929 zum Familienbad wandelte war das ein Skandal! Ein Sturm der Entrüstung brach los.
Allerdings konnte im Protokoll festgehalten werden. „Die Sittlichkeit wird bei uns gewahrt.“ Deshalb war auch den Damen „der Aufenthalt vor den Herrenkabinen nicht gestattet“.
Jugendlicher Leichtsinn, gepaart mit unzureichenden Schwimmkenntnissen und fehlende Rettungseinrichtungen begünstigten Badeunfälle aller Art. Wer aus dem Wasser gefischt werden konnte, wurde
weder von Pamela A. noch von David H. oder anderen braun gebrutzelten Baywatchern wieder belebt, sondern sah sich folgenden Reanimationsversuchen ausgesetzt: Einreiben mit Wein, Bürsten der
Fußsohlen oder Verabreichen von starken Riechstoffen. Und wer dann immer noch leblos am Ufer lag bekam ein Tabakklistier verpasst.