wie wird man eigentlich Jäger in der TV-Quizsendung ,Gefragt-Gejagt'? Was verbirgt sich hinter dem Menschen, der sich vor einem Millionenpublikum regelmäßig schwierigsten Fragen stellt? Hat er Ängste, dass sein Gedächtnis versagt. Der Blackout als Angstgespenst?
All das wollte ich von Klaus Otto Nagorsnik wissen. Über ihn und unser Treffen lesen Sie in diesem Beitrag.
Ihr Henning Stoffers
Eigentlich bin ich kein Quizgucker. Aber nach der ersten Sendung, die ich von ihm sah, und nachdem die Türmerin Martje Saljé ihn mir in der Stadtbücherei vorgestellt hatte, war klar, dass über ihn geschrieben werden muss.
Wir verabredeten uns in einem Café am Domplatz. Eine schwere Tasche voller Bücher hatte Klaus Otto Nagorsnik bei sich. Dies sei seine Arbeit, er müsse alles noch lesen und in sich aufnehmen, sagte er.
Nach zunächst vorsichtiger Zurückhaltung taute KO (Klaus Otto) langsam auf. KO wird er seit Jahrzehnten in der Familie und im Freundeskreis genannt, und so wird im Folgenden dieses Kürzel verwendet.
KO wurde 1955 in Billerbeck geboren. Er wuchs mit fünf jüngeren Geschwistern in ,kleinen' Verhältnissen - einer Arbeiterfamilie - auf. Es war damals schon etwas Besonderes und nichts Selbstverständliches, dass KO das Nepomucenum in Coesfeld - einem humanistischen Gymnasium - besuchen durfte, wo er auch sein Abitur machte.
Münster kam fürs Studium nicht infrage. Es war ihm zu piefig. Stattdessen wurden in Berlin 8 Semester Geschichte und Ethnologie studiert. Daran schloss sich eine Buchhändlerlehre bei Coppenrath und Boeser an. Die anschließende Zeit bei der Bundeswehr war ein unliebsames Erleben. Das Ganze passte gar nicht in sein Weltbild, aber er konnte sich dem nicht entziehen.
Bei der Stadtbücherei Münster fing KO 1983 als Seiteneinsteiger an, wo er inzwischen seit vielen Jahren als Bibliothekar arbeitet. In den Jahre 1984-1997 betreute er sein Lieblingskind: die Autobücherei. Der Bücherbus ist ihm immer noch ,ans Herz gewachsen'.
Deine Hobbys?
Lesen und nochmals Lesen. Aber ich lese immer noch viel zu wenig. Dann löse ich gern Rätsel, nehme an Quizwettbewerben teil und bereise die Welt mit dem Finger auf der Landkarte. Ich nehme alles in mir auf. Einen Fernseher habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr. Ich glaube, dass das Medium Buch effizienter ist.
Wie wird man ,Jäger'?
Es gibt den Deutschen Quiz-Verein, bei dem ich mehrmals den Deutschland-Cup gewann. Das Fernsehen wurde auf mich aufmerksam, und so wurde ich der ,Jäger', gegen den die Kandidaten versuchen, sich nicht von ihm einholen zu lassen.
Hast Du als ,Jäger' Angst zu versagen?
Nein, überhaupt nicht. Ich gehe entspannt und mit großer Ruhe in die Sendung. Die Aufzeichnung einer Sendung dauert nur etwa 90 Minuten, und davon werden gleich drei an einem Tag produziert.
Wie trainierst Du Dein Gehirn?
Gar nicht, ich lerne auch nichts auswendig. Es gibt kein System, aber wichtig ist für mich das vernetzte Denken. Das ist so wie bei den Puzzleteilchen. Jedes Teil ist ein Bild für sich. Zusammengesetzt ergeben sie ein neues Ganzes und einen neuen Sinn. Ich erarbeite auch selbst Fragen, zum Beispiel für einen Kneipenquiz, das in verschiedenen Lokalen Münsters stattfindet.
Kannst Du mir aus dem Stegreif sagen, wogegen der VFL Osnabrück und mit welchem Ergebnis vor drei Wochen gespielt hat?
KO überlegt kurz und beantwortet die Frage. Ich bin baff.
Vorlieben?
Ich kann nicht kochen, dafür esse ich aber für mein Leben sehr gern. Ich bin seit 35 Jahren aktiv in einer Gewerkschaft tätig und werde auch dabei bleiben.
Deine Abneigungen?
Ich bin kein Fan von Schalke 04 oder Bayern München. Mein Club ist Borussia Dortmund. Zuwider sind mir selbstverschuldete Dummheit (Immanuel Kant) und Bösartigkeit gegenüber Kindern und Schwächeren. Bei Freunden wünsche ich mir die Offenheit, wenn sie sagen, was sie denken.
Bei meinem Gespräch war ich immer wieder erstaunt und beeindruckt, welche Wissenstiefe KO an den Tag legt. Sei es die Namen des Freiherrn von Bönninghausen, der des Kaplans Lepping von St. Lamberti oder der von Wiltrud Henningsen waren ihm geläufig. Es sind alles Personen, die irgendwie mit Münster zu tun haben. Der Herr von Bönninghausen war Wissenschaftler und Arzt der Droste von Hülshoff, Kaplan Lepping hat eine Chronik über das ausgehende 18. Jahrhundert und die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts aufgezeichnet und Hiltrud Henningsen forschte in ihrer Dissertation über den Beginn des Kinos in Münster.
KO ist öffentlichkeitsscheu. Aber es gibt bereits Fanclubs, die den Kontakt zu ihm suchen. Eine auswärtige Jugendgruppe hat ihn sogar in der Stadtbücherei aufgesucht und um Autogrammkarten gebeten.
Text und Idee: Henning Stoffers
Fotos soweit nicht anders bekannt: Henning Stoffers