Andreas Delbrügge - Helfer und Frohnatur

Fünf Tage in der Woche fährt Andreas Delbrügge durch Münsters Stadtviertel und lädt die Hinterlassenschaften, die nicht zum ,normalen' Müll  gehören, in seinen weißen Pritschenwagen.

Am Kinderhauser Wertstoffhof lernte ich Andreas kennen. Ich hatte Farbreste abzugeben. Da stand er vor mir, unübersehrbar mit kräftiger Statur und orangefarbener Arbeitskleidung. Eigentlich hätte ich, wie ich erfuhr, zur Zentraldeponie nach Coerde fahren müssen, aber er nahm die Dosen und verstaute sie in seinem Wagen: ,Lass mal, die Sachen übernehme ich.'. So lernte ich ihn kennen und schätzen.

Andreas Delbrügge wurde am 17.5.1970 zu Hause mit Hilfe einer Hebamme geboren. Die Familie wohnte in Mecklenbeck, Am Schwarzen Kamp. Der Vater Manfred war Maurer und Bauzeichner. Die Mutter Ingrid arbeitete als Angestellte bei der Stadt Münster.

Andreas hatte sechs Geschwister, die mit ihm in einer kleinen Wohnung aufwuchsen.

Weil Andreas häufig nackig herumlief, bekam er den Spitznamen ,Pille'. Es hatte eben einen gewissen Grund.

Die Kinder wuchsen gut behütet auf. Eine starke Bindung entwickelte der Junge besonders zur Mutter.

Man zog nach Coerde, denn dort bekam die Familie eine größere Wohnung. Als Andreas in die Norbertschule eingeschult wurde, kam das 7. Kind in der Klinik Wesener-Roth zur Welt.

Seine Kindheit war eine glückliche Zeit.

Nach Abschluss der Hauptschule begann eine Schlosserlehre bei der Firma MPT Metall und Portal Technik.

Nach 12 Monaten Wehrdienst bei der Bundeswehr bekam Andreas eine Stelle bei  der Firma Falger in der Hammer Straße. Anschließend arbeitete er 20 Jahre als Vorarbeiter bei der Firma G&P.

1999 wurde geheiratet. Seine Frau Sabine bekam drei Kinder. Andreas war bei allen Geburten dabei. Die Abnabelung der Kinder durfte der Vater vornehmen - ein emotionales Erleben!

Seit 2009 arbeitet Andreas bei den Abfallwirtschaftsbetrieben.

Macht Dir die Arbeit Spaß?

 Ja, sonst würde ich sie nicht machen. Meistens bin ich allein auf meiner Tour unterwegs und erledige die Aufgaben eigenverantwortlich. Der Kontakt mit Menschen ist das Salz in der Suppe.

Kämpfst Du gegen Müll wie Don Quijote gegen Windmühlen?

Der Vergleich ist irgendwie zutreffend. Ja, es liegt sehr oft Müll am Straßenrand, der dort nicht hingehört, und dies auch zwischen den Abfuhrterminen. Einige Zeitgenossen können den Tag vor der Abfuhr leider nicht abwarten und legen lange Zeit vorher ihren Müll an den Straßenrand. Und da soll er nicht wochenlang liegen. Ich sag' immer etwas sarkastisch: ,Nach der Sperrmüllabfuhr ist vor der Sperrmüllabfuhr.'.

Was steht am Straßenrand, was nicht in den Sperrmüll gehört?

Die Kollegen vom Sperrmüll nehmen bestimmte Dinge nicht mit, wie zum Beispiel: Fernseher, Kühlschränke, Bauschutt, Glasscheiben, Staubsauger, Autoreifen, Farbreste, Computer, Drucker usw. Auch tote Tiere, wie Katzen, Hunde, Hamster etc. werden abgelegt. Ich mag gar nicht über diese ,Tierlieberhaber' nachdenken. - Hier schreite ich ein und räume diese Dinge in meinen Pritschenwagen.

Ärgerst Du Dich darüber?

Wenn ich das täte, wäre der Job nicht richtig für mich. Ich nehme es mit Gleichmut.

Natürlich gibt es Situationen, wo dies nicht mehr geht, wenn zum Beispiel ein Haufen Bauschutt am Straßenrand liegt oder ein Tier abgelegt wurde. Kann ich den Verursacher ermitteln, gibt es eine Anzeige. Und die wird teuer.

Findest Du auch Wertvolles?

Ab und zu finde ich ein Handy oder auch ein Portemonaie. Diese Dinge werden natürlich abgegeben, damit sie zurück zu ihren Besitzern finden.

In Münsters Stadtvierteln bist Du bekannt wie ein ,Bunter Hund'. Wie lebt es sich damit?

Sehr gut. Inzwischen gehen die Leute auf mich zu. Ich leiste Aufklärungsarbeit und kann beobachten, dass mein Engagement Früchte trägt. Aber es braucht seine Zeit, und man muss stets am Ball bleiben.

Ich beantworte aber auch Fragen, die sich nicht nur um den Müll drehen. Da geht es oft um die Wohnsituation, die in einigen Bereichen unzureichend ist. Oder es sind private Sorgen, worüber mit mir das Gespräch gesucht wird.

Wofür engagierst Du Dich?

Mein soziales Umfeld ist mir sehr wichtig. Ich engagiere mich für meine Nachbarn und Mitmenschen. In meinem Stadtteil Kinderhaus bin ich im Begegnungszentrum aktiv. Hier gilt es, Menschen verschiedener Nationalitäten in allen Lebenbereichen zu unterstützen.

Besonders wichtig ist mir die Wohnsituation in Kinderhaus. Hier beteilige ich mich als Mietersprecher und nehme Wünsche und Klagen entgegen, um sie an die verantwortlichen Stellen zu leiten.

Welche Wünsche hast Du?

Neben den Wünschen hinsichtlich Gesundheit, Frieden und Familienwohlergehen ist insbesondere eine Verbesserung der Wohnsituation zu nennen. Ausfallende Heizungen, Schimmel, Ungeziefer, kaputte Aufzüge etc. sollten nachhaltig der Vergangenheit angehören.

Ein Blick in die Zukunft?

Wenn nichts Gravierendes passiert, werden in kürzester Zeit Wohnungen in meinem Umfeld unbewohnbar. Das heißt, Familien werden obdachlos. Hier erwarte ich, dass die Verantwortlichen der Politik und der Verwaltung das sich abzeichnende Fiasko abwenden.

Ein Wort zum Schluss?

Eigentlich bin ich eine Frohnatur. Ein Mettbrötchen, eine Flasche Bier und etwas Zeit für mich, dann bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Und wenn dann noch der BVB gewonnen hat, bin ich im 7. Himmel.