eine der bekanntesten Straßen Münsters ist die Salzstraße. Der Wandel vom Mittelalter bis in die jetzige Zeit ist bemerkenswert. Früher war sie eher eine behäbige, stille Straße, die sich heute zu einer der Einkaufsmeilen Münsters entwickelt hat.
Über die Anfänge, das Karstadt-Loch, die Heulende Kurve, die Zerstörung und den Wiederaufbau der Straße erzählt diese Bildgeschichte.
Ihr Henning Stoffers
Über die Entstehung der Straße ist wenig bekannt. Anfangs wird es lediglich ein schmaler Weg gewesen sein, der parallel zum Alten Steinweg verlief. Der Alte Steinweg hatte als Handelsweg dagegen eine größere Bedeutung. Da die Nordseite der Salzstraße im Mittelalter noch nicht bebaut war, konnten von hier aus die rückwärtigen Wirtschaftsgebäude des Alten Steinweges beliefert werde
Auch über die Namensgebung der Salzstraße liegen keine gesicherten Angaben vor. Es kann aber vermutet werden, dass es im Mittelalter einen Salzhandel gegeben hat. Erstmals 1346 wurde der Straßenzug als ,vicus salis' erwähnt. Während der Täuferherrschaft bekam die Straße den Namen ,Königsstraße'.
Das Teilstück der Salzstraße zwischen Servatiitor und Ringoldgasse führte über Jahrhunderte die Bezeichnung ,Servatiistraße'. - Neben der Ludgeristraße ist die Salzstraße die einzige Straße, die vom jeweiligen Stadttor direkt zum Prinzipalmarkt führte.
Johann Conrad Schlaun war der Architekt des barocken Erbdrostenhofes (1753–1757) und der nahegelegenen Clemenskirche (1745–1753). Die Dominikanerkirche (1725) wurde von Lambert Friedrich von Corvey erbaut.
Alle 3 Gebäude wurden durch Bomben im 2. Weltkrieg stark zerstört.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich das geruhsame Straßenbild.
Der Bau des Bahnhofs in der Nähe des Servatiitors im Jahre 1848 brachte mit seinen Fahrgästen eine deutliche Belebung für die Salzstraße wie auch weiter südlich für die Windthorststraße mit sich. Hinzu kam eine stark anwachsende Einwohnerzahl. Dies alles führte zu einer ,Aufwertung' der Salzstraße; dagegen verharrte der Alte Steinweg in seiner Entwicklung und wurde mehr oder weniger eine Nebenstraße.
Wie die Salzstraße im ausgehenden 19. Jahrhundert aussah, spiegelt das nebenstehende Bild wider. Das im Vordergrund abgebildete Haus mit großer Toreinfahrt ist ein typisches Ackerbürgerhaus (nach Max Geisberg), von denen es in Münster etliche gab.
Deren Bewohner, die Ackerbürger, hatten oft keinen zusätzlichen ,Stadtberuf' wie Schneider, Böttcher, Schenkwirt oder Schuhmacher. Sie bewirtschafteten als Bauern ihre vor den Toren der Stadt liegenden Felder oder betrieben Viehzucht.
Aus ähnlicher Perspektive, jedoch etwa 20 Meter weiter entfernt zum Prinzipalmarkt, stammt diese Postkartenfotografie von 1900.
In dem Häuserbuch der Salzstraße sind die Namen der Eigentümer und Mieter über Jahrhunderte verzeichnet. Danach gab es für das Haus Nr. 54 folgende Eintragungen (Auszug):
1658-1823 Wirte, Bierzapfer, Bäcker 1823-1896 Branntweinbrennerei, Schenke
1896-1906 Maschinenstrickerei, Textilgeschäft
1906-1934 Kaufhaus Althoff/Karstadt
1934-1942 JuwelierHockelmann, Textilien
1975-1990 Schuhgeschäft Salamander
1994-2000 Schuhgeschäft Deichmann
Aus dem Einwohnerbuch von 1909. Zum Vergrößern aufs jeweilige Bild klicken.
Nach dem Krieg war der Innenstadtbereich zu 90 % zerstört. Auch in der Salzstraße sind nur wenige Gebäude erhalten geblieben.
1945 begannen die Aufräumarbeiten im großen Rahmen und der Wiederaufbau in ersten Schritten. Die Barockbauten Erbdrostenhof, Clemens- und Dominikanerkirche wurden aufwändig und liebevoll wiederhergestellt. Die zerstörten Häuser wurden zunächst oft nur eingeschossig und einfachst wiederaufgebaut. Die weitere Aufstockung erfolgte dann später, ...je nach Finanzlage.
1959 wurde gegenüber der Dominikanerkirche das Althoff-Kaufhaus (später Karstadt) errichtet. Die hässliche Außenfassade (pastellfarbene, grünliche Kacheln), dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, wurde einige Jahrzehnte neu gestaltet.
Eigentlich hätte der Bau des Kaufhauses 30 Jahre früher realisiert werden sollen. Die Baugrube war 1929 bereits ausgehoben, als seitens der Stadtverwaltung ein Baustopp verfügt wurde. ,Das geplante Gebäude passe nicht ins Stadtbild', war die Begründung. Das Loch blieb jedoch, und so prägte der Volksmund den Begriff ,Karstadt-Loch'. Am Rande der Baugrube entstand eine Ladenzeile für kleinere Geschäfte, die im Zuge des Althoff-Baus Ende der 1950er Jahre verschwand.
Bis 1954 fuhren die Straßenbahnen auch durch einen Teil der Salzstraße. Auf Höhe des Erbdrostenhofes führten die Gleise vom Alten Steinweg kommend durch eine enge Kurve in die Salzstraße und weiter in Richtung Servatiiplatz.
Die Durchfahrt der Wagen wurde regelmäßig mit einem anhaltende, schrillen Quietschen begleitet, so dass diese Passage den Namen ,Heulende Kurve' bekam. Die Besitzerin des Rheinischen Hofes beschwerte sich bereits in den frühen 1900er Jahren über die erhebliche Lärmbelästigung für ihre Hotelgäste. Die daraufhin getroffenen Maßnahmen einer besonderen Gleispflege milderten das Gequietsche kaum.
Eine Gaststätte mit gleichem Namen gab es über einige Jahrzehnte ebenfalls an dieser Stelle.
In den späteren Nachkriegsjahren entwickelte sich die Salzstraße neben der Ludgeristraße und dem Prinzipalmarkt zu einer wichtigen Einkaufsstraße. Nach der Ludgeristraße wurde sie 1977 ebenfalls eine reine Fußgängerzone. Mehrere Hundert Passanten werden während der Geschäftszeiten stündlich gezählt.
Die meisten alteingesessenen Geschäfte (Buchhandlung Schöningh, Haushaltswaren Ammelounx, Gaststätte Salzrümpchen, Hut Spanke etc.) existieren nicht mehr.
Neben einigen langjährigen Unternehmungen, wie z.B. Karstadt, Adler-Apotheke, Poertgen-Herder und Kerzen-Kuhlmann, gibt es aber noch eine münstersche Institution, die besonders zu erwähnen ist: das Café Grotemeyer in nächster Nähe des Erbdrostenhofes. Einige Gemälde des bekannten Malers Fritz Grotemeyer sind dort ausgestellt. Leider befindet sich das Café seit einigen Jahren im Obergeschoss und nicht mehr im Erdgeschoss.
Viele Filialisten haben sich in der Salzstraße etabliert. Die in den 1970er Jahren dominant wirkende Außenwerbung ist heute deutlich dezenter geworden.
Erstaunlich ist die inzwischen immer schneller werdende Fluktuation kommender und rasch wieder gehender Filialgeschäfte.
Erinnern möchte ich an die jüdischen Mitbürger, die in der Salzstraße wohnten, von den Nazis verfolgt, deportiert und getötet wurden. Die Stolpersteine sind auf Höhe der Hausnummer 21 eingelassen.
Mehr darüber finden Sie in dem Beitrag Reichsprogromnacht von Martina Meißner.
Quellen
Sabine Janort: Die Salzstraße - Aschendorff 2001
Fotos: Monika Reims, Detlef Schünemann, Henning Stoffers
Text: Henning Stoffers