Ende Juli 2019
früher umgab die Stadt eine mächtige Befestigungsanlage mit Mauern, Wassergräben und Wehrtürmen. Als die Anlage im 18. Jahrhundert geschleift wurde - was eine revolutionäre Idee war -, entstand der Promenadenring.
Was wäre Münster ohne seine Promenade? Es würde etwas fehlen, das das Besondere unserer Stadt ausmacht.
Ihr Henning Stoffers
Zunächst war lediglich das nähere Gebiet um den Dom mit einer Burgmauer umgeben. Im 12. Jahrhundert grenzte diese Mauer - nunmehr Immunitätsmauer genannt - mit ihren drei Toren den Dombezirk vom umgebenden Stadtgebiet ab. Die innerhalb der Domimmunität wohnenden Personen unterlagen der Gerichtsbarkeit des Bischofs. Sie mussten keine Abgaben an die Stadt entrichten.
Unter Bischof Hermann II. von Katzenelnbogen (um * 1130 oder 1140 - † 1203) begann der Bau einer Mauer rund um das Stadtgebiet. Diese Stadtmauer wurde in den folgenden Jahrhunderten zu einer Befestigungsanlage mit Wällen, Wassergräben und Wehrtürmen weiter ausgebaut.
Der Alerdinck-Plan von 1636 zeigt die Befestigungsanlage sehr detailliert. Das mit rund viereinhalb Kilometern messende Bauwerk umschließt eng die Stadt. Die nicht maßstabsgerechte Wiedergabe bezweckte, die Wehrhaftigkeit der Stadt besonders herauszustellen. Daher zeigt sich Münsters Verteidigungsring deutlich größer, als er in Wirklichkeit war.
Durchbrochen wird die Befestigungsanlage von damals neun Stadttoren: Kreuztor, Neubrückentor, Hörstertor, Mauritztor, Servatiitor, Ludgeritor, Aegidiitor, Frauentor und Neutor (Jüdenfelder Pforte).
Im Westen der Stadt gibt es noch nicht die gebietsgreifende Zitadelle und das dort später errichtete Schloss mit seinem Schlossgarten.
Während der Täuferzeit (1534-1535) und später als sich die Stadt gegen den Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen auflehnte (1657, 1659/1660), kam es zu Belagerungen und zu Einnahmen Münsters. Der Fürstbischof ließ den westlichen Teil der Stadtmauer für einen Zitadellenbau schleifen. Später entstand an dieser Stelle das fürstbischöfliche Schloss mit seiner großzügigen Gartenanlage.
Das mittelalterliche Befestigungswerk war im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) dem Bombardement durch die neuen Feuerwaffen nicht mehr gewachsen. Damals wurde das Martiniviertel durch die Beschießung in Schutt und Asche gelegt.
Die Befestigungsanlage hatte ihren Zweck verloren, und so verfügte Minister Franz von Fürstenberg 1761 deren Schleifung. Er sah dabei die Vorteile der Kostenersparnis, da die Anlage nicht mehr instandzusetzen und zu warten war. Dass diese Entscheidung auch der Bürgerschaft zugute kam, war ein erfreulicher Nebeneffekt, der bis heute wirkt. Letztlich ist es der damaligen neuen Kriegstechnik zu verdanken, dass die Promenade entstanden ist.
Fürstenberg beauftragte Johann Conrad Schlaun zur Schleifung der Festungsanlagen und zur Erstellung der Promenade. Dem Barockbaumeister war eine Kommission zugeordnet, und der Wallmeister Möllmann begann mit der Ausführung der Arbeiten. Die Zitadelle im Westen der Stadt wurde niedergelegt, damit an dieser Stelle das fürstbischöfliche Schloss entstehen konnte. Als Schlaun 1773 starb, führte und konzipierte Wilhelm Ferdinand Lipper die Pläne weiter aus. Es musste die Gestaltung mit der Bepflanzung der neuen Promenade, der Gräben und Wälle festgelegt werden.
Die Toten wurden seit Jahrhunderten auf den Kirchhöfen innerhalb der Stadt beerdigt. Hygienische Erfordernisse und der größer werdende Platzmangel waren dafür maßgeblich, dass ab 1773 die Toten auf den entstandenen Promenadenwiesen beigesetzt wurden, und zwar in der Nähe der Münzstraße (zwischen Finanzamt und Buddenturm), der Sonnenstraße und der Schützenstraße. Diese Ruhestätten hatten nur kurzen Bestand.
Neue Bestattungsstätten wurden bereits 30 Jahre später außerhalb der Stadt eingerichtet: der Hörsterfriedhof, der Überwasserfriedhof und der Aegidiifriedhof. Letzterer existiert heute nicht mehr. An dieser Stelle steht die Antoniuskirche. Nachdem der Zentralfriedhof 1887 eröffnet worden war, fanden die Beerdigungen auf diesem Friedhof statt.
Der 22-jährige Student Max Geisberg begann 1897 mit Grabungen am Kreuztor. Seine Funde waren sensationell. Die Täufer hatten die Befestigungsanlage des Kreuztors mit Heiligenfiguren und Taufbecken aus dem Dom und der Überwasserkirche verstärkt. Dies alles förderte Geisberg wieder zutage.
Für die Archäologie wäre die Promenade mit ihren sanften Wiesen auch heute ein hochinteressantes Forschungsobjekt. Verborgene Mauern, Wälle und Gräben lassen sich erahnen.
Eine einzigartige Aussicht auf Münsters Panorama gab es früher nahe der Gaststätte ,Kruse Baimken' (Krauser Baum). Von dem erhöhten Standort der Promenade geht der Blick auf eine tief gelegene Wiese, auf das Aabett (inzwischen renaturisiert) und auf die einzig noch vorhandenen Reste der mittelalterlichen Stadtmauer.
Hinter der Aa und vor der Mauer wächst seit mehr als hundert Jahren eine kunstvoll beschnittene Weißdornhecke (zurzeit steht der Schnitt aus). Dahinter versteckt sich ein kleiner Obstgarten. Heute verwehren Bäume und Büsche die freie Sicht auf Münsters Innenstadt. Die Stadtmauer ist ebenfalls weitgehend durch den Bewuchs verdeckt.
In der alten Stadtmauer stecken 5-6 Kanonenkugeln, die wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert stammen. Sie sind nicht aus Eisen, sondern aus Sandstein und Granit. Die nachstehend abgebildete Kugel besteht aus Granit.
Die Wiese - gelegen zwischen der Stadtmauer und der äußeren Befestigungsanlage (heute Promenade) - konnte früher zu einem See aufgestaut werden. Der Schutz vor Angreifern wurde durch den kleinen Stausee zusätzlich verstärkt.
In früheren Jahren fand auf der dieser Wiese das Reitsportereignis ,Turnier der Sieger' statt.
Mit dem Wachstum der Stadt hat die Verkehrsdichte immens zugenommen. Das ist deutlich auch auf der Promenade zu spüren. Unzählige Fußgänger, Jogger und Radfahrer nutzen täglich diesen immer wichtiger gewordenen autofreien Verkehrsweg.
Nach der Renaturierung der Aa an der Westerholtschen Wiese ist ein zusätzliches Freizeitareal entstanden, das von Groß und Klein begeistert angenommen worden ist.
Die Promenade mit ihren gärtnerischen Anlagen stellt ein einzigartiges Kulturdenkmal dar. Der grüne Ring um unsere Stadt wird nie seine Attraktivität verlieren - im Gegenteil.
Quellen
Text und Idee: Henning Stoffers
Abbildungen soweit nicht anders benannt: Henning Stoffers
Promenade Münster - Der grüne Ring um die Altstadt - Amt für Grünflächen und Naturschutz 1990