fast 120 Jahre sind es jetzt her, dass 1899 der Dortmund-Ems-Kanal von Kaiser Wilhelm II eingeweiht wurde.
Die Bilder zeigen den Hafen im Wandel der Zeit: anfänglich eine bestaunte Neuerung, später ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, dann zerstört, wiederaufgebaut und heute ein pulsierender Stadtbereich
mit Kunst, Kultur, Gastronomie und Büros - der Kreativkai.
Leider sind die Auswirkungen des Juli-Unwetters noch nicht ganz ausgestanden. Die aus dem Keller geretteten Bücher sind unsortiert im Wohnzimmer zwischengelagert. Daher bin ich bei der Recherche
für diese Bildgeschichte etwas 'gehandicapt'.
Ihr Henning Stoffers
Außerhalb des damaligen Stadtgebietes führt der neu gebaute Dortmund-Ems-Kanal vorbei. Südöstlich von der Stadtmitte, nahe dem Güterbahnhof, entstand ein riesiges Gewerbegebiet. 1896 begann der Bau des Stadthafens, fertiggestellt wurde er 1898.
Die Lage des Hafens ist optimal gewählt: in nächster Nähe befinden sich der Güterbahnhof, ebenso das Gas- und Elektrizitätswerk und später das Straßenbahndepot und die Halle Münsterland.
1905 ist auch die Nordseite mit einer Gleisanlage ausgestattet. Der kleine Stadthafen II wurde für die Spedition Aug. Peters erbaut. 1913 ging er in den Besitz der Stadt Münster über. Heute hat an dieser Stelle die Agravis-Raiffeisen (früher WCG) ihren Sitz.
Diese Lithografie zeigt den Hafen kurz nach der Inbetriebnahme. Eine frühe Ansicht mit großen Baulücken auf der rechten und linken Seite. Die Speicher und Kräne fehlen.
Die Bahngleise links sind gut erkennbar. Zum Zeitpunkt der Kartenherstellung dürften die Gleisanlagen jedoch noch nicht vorhanden gewesen sein. Auch fehlt das Hafendenkmal. Daraus kann geschlossen werden, dass die Karte vor Fertigstellung des Hafens produziert worden ist.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebt der neue Hafen - wie die gesamte Stadt Münster - einen rasanten Aufschwung. Umgeschlagen werden überwiegend Getreide und Holz. Aber auch Kohle und
Kolonialwaren werden über den Schiffsweg transportiert. Der Hafen ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Münster und Umgebung geworden.
Als der 1. Weltkrieg beginnt, gehen die Umschlagmengen stark zurück. Erst Mitte der 20er Jahre findet eine Erholung statt. Große Betriebe haben sich inzwischen angesiedelt. Die Firma Ostermann & Scheiwe errichtet ein großes Holzlager, heute bekannt unter 'Osmo-Hallen'. Die Kiesekamp-Mühle baut ein Getreidelager mit einem Verarbeitungsbetrieb. Ein imposantes Lagerhaus steht an der südlichen Hafenseite: der Flechtheimspeicher.
Die nachfolgenden Fotografien machte der Lehrer Ernst Wenzel im Sommer 1945. Das Ausmaß der Zerstörungen können wir uns heute kaum vorstellen. Unter den damaligen Umständen ist es bemerkenswert, dass der Hafen und der Dortmund-Ems-Kanal bereits 1946 wieder in Betrieb genommen werden konnten. Zum Vergrößern Bild anklicken.
Die Luftbilder zeigen das Hafengebiet ab 1954. Die Zerstörungen sind weitgehend beseitigt.
In den frühen 50er Jahren, ich war 7 -8 Jahre alt, hatten wir einen wunderbaren Spielplatz, das Endstück des Stadthafens II. Von der Südstraße ging es parallel zu den Bahngleisen, vorbei an der unbefahrenen Umgehungsstraße, direkt an das Ufer des Kanals. Die vorbeifahrenden Schiffe drückten das Wasser in den Seitenarmen hinein oder heraus, je nachdem in welche Richtungen sie fuhren. So gab es für uns einen Ebbe-/Fluteffekt, der dazu einlud, Dämme gegen das anflutende Wasser zu bauen. Auf dem Rückweg machten wir waghalsige Kletterpartien in den Ruinen der Fa. Stille.
Den Fotografien von Ernst Wenzel aus dem Jahre 1945 habe ich denen von 2012 gegenübergestellt. Es war hin und wieder schwierig, die alten Aufnahmestandorte nach mehr als 70 Jahren wieder zu finden. In den Jahren hat sich viel verändert, und deshalb konnten einige Ansichten leider nicht mehr zugeordnet werden.