im Oktober 2019
vor 130 Jahren waren Schusters Rappen, die Kutsche oder der Pferderücken die üblichen Verkehrsmittel. Münster war zwar 40 Jahre zuvor an das neue Eisenbahnnetz angeschlossen worden, aber einen organisierten Nahverkehr gab es nicht.
Wie die Straßenbahn und der O-Bus nach Münster kamen, erzählt diese Bildgeschichte. - Den 2. Teil dieses Beitrages finden Sie hier.
Ihr Henning Stoffers
Münster bekam seinen ersten Bahnhof 1848. Mit der Dampfeisenbahn wurden Menschen und Güter über längere Strecken transportiert. Jedoch auf kurzen Strecken innerhalb einer Stadt gab es kein ähnliches Transportmittel. Das sollte sich 1888 ändern.
Es war der Hauderer Heinrich Hagenschneider, ein Fuhrunternehmer vom Bispinghof, der 1888 eine Lizenz zum Personentransport mit einem Pferdeomnibus beantragte. Der Magistrat stimmte am 26.3.1888 zu.
Das war die Geburtsstunde des städtischen Linienverkehrs. Hagenschneider hatte mit seiner Geschäftsidee den richtigen Riecher.
Hagenschneider begann mit drei Pferdeomnibussen und bediente innerhalb Münsters drei Strecken. Die einspännigen Omnibusse konnten bis zu 10 Personen aufnehmen. Eine einfache Fahrt kostet 10 Pfennig und war somit deutlich günstiger als die mit einer Mietkutsche.
Eine Fahrt mit dem Pferdeomnibus verlief gemächlich, brachte aber dem Fahrgast eine Bequemlickeit, die es vorher zum kleinen Preis nicht gab.
Hagenschneiders Geschäfte liefen gut. Es wurde sogar ein motorisierter Omnibus angeschaft, der Münsters Außenbezirke versorgte.
De Jahre des rasanten technischen Fortschritts hatten begonnen, und die Elektrizität spielte eine immer bedeuternde Rolle.
Völlig neue Möglichkeiten erschlossen sich: Wie zum Beispiel der Bau einer elektrischen Bahn, die auf Schienen rollte und Personen innerhalb einer Stadt beförderte - die Elektrische, die Straßenbahn.
Münsters Bevölkerung war in den letzten fünf Jahrzehnten von 25.000 auf 65.000 Einwohner gestiegen, hatte sich also mehr als verdoppelt. Der Straßenverkehr nahm gleichermaßen zu. 1901 war der Zeitpunkt gekommen, den Pferdeomnibus durch die ,Elektrische' - die Straßenbahn - abzulösen. - Eine neue Ära hatte begonnen.
Östlich der Stadt war Ende des 19. Jahrhunderts Münsters Hafen entstanden. In diesen Jahren kamen eine Gas-Anstalt und ein Elektrizitätswerk am Albersloher Weg hinzu. Und im nächsten Schritt baute man dort das Straßenbahndepot.
Es entwickelte sich eine immense Bautätigkeit. Gleise waren zu verlegen, wie auch die Oberleitungen für die Stromversorgung. Die Buddelei waren die Münsteraner gewohnt, den Jahre zuvor waren die Wasserleitungen in die Häuser und etwas später die Abwasserkanäle gelegt worden.
Organisatorische Grundlagen waren zu schaffen, das Personal musste eingestellt und geschult werden, Haltestellen eingerichtet und Fahrscheine gedruckt werden. Der Markt auf dem Prinzipalmarkt wurde auf den Domplatz verlegt. Sicherheitsbedenken waren maßgeblich, denn die Gleise führten direkt am Bürgersteig entlang, wo sich in nächster Nähe die Marktstände befanden.
Dieser Ausschnitt des Stadtplans zeigt mit den durchgezogenen roten Linien das Schienennetz der Straßenbahn. Zwei Gleispaare wurden mit doppelten Linie kenntlich gemacht. Bei Strecken mit nur einem Gleispaar war nur ein einfacher Pendelverkehr - ohne Gegenverkehr - möglich.
Wegen der sehr schmalen, engen Salzstraße und Ludgeristraße fuhren die Straßenbahnen in der Gegenrichtung einen kleinen Umweg durch den Alten Steinweg und die Königstraße.
Die Fahrgäste hatten wegen der relativ geringen Dichte des Schienennetzes längere Fußwege zurückzulegen, insbesondere an der Peripherie der Stadt.
Eine besonders enge Durchfahrt gab es am Drubbel. Die Ansammlung von 10 Wohn- und Geschäftshäusern ließ zu den Nachbarhäusern nur einen Durchlass von 4,40* Metern durch die die Straßenbahn fuhr. Nach einem Brand wurde das historische Häuserensemble 1907 leider abgerissen.
Heute erinnert nur noch die hellere Pflasterung, die den Grundriss der Gebäude markiert. *Die Messung des vorgenannten Durchlasses konnte ich anhand dieser Markierung vornehmen.
53 Jahre lang gab es die Straßenbahn in Münster. Allerdings musste der Betrieb ab 1922 für zwei Jahre ruhen. Die Inflation war der Grund für die Sparmaßnahmen. Die Not war groß, so dass sogar der Türmer von St. Lamberti - trotz Bürgerproteste - abberufen worden war.
Parallel zu den Straßenbahnen kamen auch Omnibusse zum Einsatz. Die Einwohnerzahl hatte weiter zugenommen und die Anforderungen an den Nahverkehr waren ebenfalls gestiegen. Das Verkehrsmittel Bus zeichnete sich - im Vergleich zur Straßenbahn - durch seine größere Flexibilität aus. Auch mussten keine Gleise und Stromleitungen gelegt werden. Insofern stellte der Bus eine ideale Ergänzung zur Straßenbahn dar.
Im 2. Weltkrieg wurde ein Großteil des städtischen Fuhrparks zerstört. Auch das Schienennetz nahm erheblichen Schaden.
Nach dem Krieg machten beunruhigende Gerüchte die Runde. Die Straßenbahn würde abgeschafft werden, sie soll durch O-Busse ersetzt werden. Herr Geringhoff, Leiter des Bauausschusses, gab bekannt, die Bevölkerung möge beruhigt sein. Man denke nicht an die Stilllegung der Straßenbahn. Das Gegenteil sei der Fall, nämlich das Straßenbahnnetz würde weiter ausgebaut werden. Das war im Januar 1948. Dennoch liefen Überlegungen, O-Busse einzusetzen.
1954 fuhr in Münster die letzte Straßenbahn. Die O-Busse und die Dieselbusse beherrschten nunmehr das Stadtbild.
Bereits das Jahr 1968 brachte das Aus für die O-Busse. Der enge Radius, in dem sich die Busse nur bewegen konnten, war ein Grund, dieses Verkehrsmittel abzulösen.
Mehr als 50 Jahre sind vergangen. Heute sähe eine solche Entscheidung wegen des gestiegenen Anspruchs auf Umweltfreundlichkeit und einer größer gewordenen Stadt sicherlich anders aus.
Den Teil 2 finden Sie hier.
Dankeschön
Florian Adler von den Stadtwerken Münster danke ich herzlich, einen Teil der hier gezeigten Bilder veröffentlichen zu dürfen.
Quellen
Text und Idee: Henning Stoffers
Fotos, wenn nicht anders angegeben: Stadtwerke Münster
Stadt Münster:
Beiträge zu Stadtforschung Stadtentwicklung Stadtplanung 6/1980
Dokumentation Wiederaufbau Materialsammlung