Zeitzeugen erzählen...


Wolfgang Rommerskirchen - WBT-Intendant 1986-1996:

...Ihr Beitrag liefert ein sehr schönes, einfühlsames und treffendes Bild von Busso, und ich wüßte nicht, was ich noch hinzufügen könnte.

Mit herzlichen Grüßen aus München,

Wolfgang r.


Marlene Schmitz: Lustspiel mit Busso Mehring + Ulrich Schamoni:

Busso - Ausschnitt
Busso - Ausschnitt

Marlene Schmitz schreibt: Wahrscheinlich spielte sich das Ganze im Jahr 1957 ab.

Marlene Schmitz schreibt: Als Schülerin der Annette Schule habe ich mich auf die Anfrage vom Ratsgymnasium "wer bei der Laienspielschar mitmachen möchte" gemeldet. Wir haben dann unter der Leitung von Herrn Lübbering das Lustspiel "Einen Jux will er sich machen" von Johann Nestroy auf die Bühne gebracht.

Die Hauptrollen spielten Ulrich Schamoni und Busso Mehring. Mir blieb nur eine Nebenrolle als ständig Salzstangen essende Verlobte. Aber es hat mir viel Spaß gemacht.

Rechts Ulrich Schamoni - Foto Marlene Schmitz
Rechts Ulrich Schamoni - Foto Marlene Schmitz


Günter Dropmann schreibt:

Burkhard Schüttler

Ich wurde 1968 geboren und wuchs im Südviertel von MS auf... In meiner Kindheit gab es rund um den Wasserturm quasi dörfliche Strukturen... man kannte sich... grüßte sich und verweilte generationsübergreifend hin und wieder für ein Pläuschchen auf der Straße...
So lernte ich sehr früh Herrn Mehring kennen und schätzen. Er begrüßte mich immer mit Namen. Hin und wieder gab es 50 Pfennig für ein Eis oder etwas Süßes...
Sehr gerne denke ich an diese Begegnungen zurück und möchte sie mir bewahren.
Schon aus meiner damaligen kindlichen Sichtweise, war Busse Mehring ein toller Mensch.

Realschullehrer Werner Krick:

Ende der 60er Jahre erzählte mir Rainer Mehring (ich zitiere aus der Erinnerung:

Es war Probe im Landestheater Castrop-Rauxel. Ich stand auf der Bühne und deklamierte meine Text. Der Regisseur ermahnte mich, deutliche zu sprechen. Ich wiederholte. Der Regisseur unterbrach mich: ,Herr Mehring, Sie müssen akzentuierter sprechen!' Also begann ich nochmal von vorne. Mittendrin klopfte er ab: ,Nein, nein, so geht das nicht!'  Da platzte mir der Kragen und ich schrie zurück: ,Herr Intendant, ich bin hier nicht der Architekt!'

 

Damit spielte Rainer Mehring auf die akustische Unzulänglichkeit des Raums an.

Rudolf Schabbing erzählt:

Ich habe Anfang der 1960er Jahre als Werkstudent zusammen mit Busso Mehring in den sommerlichen Semesterferien bei der LVA gearbeitet, die zu der Zeit ihren Hauptsitz noch am Bispinkhof hatte und Räume im Obergeschoss der Stadtsparkasse an der Ecke Rothenburg-Königsstrasse. Zu der Zeit lief am Landgericht der Rohrbachprozess. Unsere Aufgabe bestand darin anhand einer Liste mit Aktenkennnummern in den Büros nach diesen Akten zu suchen, weil sie ausser Haus (z.B. vom Sozialgericht) angefordert waren.

Landesversicherungsanstalt am Bispinghof
Landesversicherungsanstalt am Bispinghof

Busso Mehring war nicht immer dabei, denn er war öfter als Trauerredner bei Beerdigungen unterwegs und erschien dann mittags im schwarzen Anzug. Er berichtete in der ihm eigenen Art von diesen "Einsätzen" sehr wirklichkeitsnah. Zudem war er - als Jurastudent - morgens bei den Prozessverhandlungen dabei. Die Eintrittskarten hatte er sich organisiert, wie er zu sagen pflegte. An  diesen Verhandlungstagen gab es nachmittags bei einem Medizinaldirektor der LVA, den wir kannten, beim Tässchen Kaffee von Busso Mehring eine ausführliche Berichtserstattung über das morgendliche Gerichtsgeschehen. Daneben machte BM offiziell auch ein juristisches Praktikum bei seinem Onkel, der in der Innenstadt eine Rechtsanwaltskanzlei führte. Wenn BM bei der Aktensuche dabei war, erheiterte er die Bediensteten mit seiner charmanten, witzigen, manchmal auch recht derben Art. Nach Dienstschluss ging es manchmal mit unseren beiden "Chefs" zur Einkehr ins Töddenhoek, wo Busso Mehring bestens bekannt war.

 

Das waren immer recht amüsante Stunden.

Seine Wochenenden waren wohl sehr intensiv und anstrengend, er war wohl auch nicht jede Nacht zu Hause. Darüber war seine Mutter wohl recht erbost, denn es bedurfte montags mehrerer Anrufe zu Hause, bis der häusliche Friede wieder eingerenkt war, wie er zu sagen pflegte.

 

Die Zeit mit BM habe ich auch so erlebt, wie es in dem WN-Artikel vom 10.10.2020 anklingt. Er war schon ein Mensch, der nicht in eine bestimmte Schublade zu stecken war, sondern der als "allround"- Künstler sehr intensiv lebte.


Sozialarbeiter Peter Comin - Studentischer Taxifahrer:

Peter Comin damals
Peter Comin damals

Es war Anfang der 80er Jahre (1982 oder 1983), ich war studentischer Taxifahrer in Nachtschicht und fuhr eines Freitags gegen etwa 23 Uhr auf der Hörsterstraße stadteinwärts. Kurz nach der Promenade hielt mich ein Mann an, der wohl aus der damaligen Hörster Paote kam, leicht angetrunken war und den ich bald als Busso Mehring erkannte (ich las ja stets die WN). Er hieß mich zu einer Bar an der Mauritzstraße fahren, etwa da wo heute das Aposto ist (hieß die Bar "Schwarze Katz"? Die Atelier-Bar war es wohl nicht). Ich hatte gedacht "So eine kurze Fahrt!" - aber dann kam's: Er fing an, mir sein Herz auszuschütten und Probleme auszubreiten - zumal ihm auch gefallen hatte, dass ich als junger Mensch ihn erkannt hatte. Ich wies ihn aber darauf hin, dass gerade Hochbetrieb sei und ich Geld verdienen müsse - schließlich hätte ich das Taximeter ja bereits abgestellt. Da reichte er mir einen 20.-DM-Schein und sagte: "Jetzt darf ich aber erzählen!" - und das tat er dann auch in aller Ausführlichkeit. Ich hörte geduldig zu - schließlich war ich angehender Sozialarbeiter - und gab ab und zu einen kurzen Kommentar ab. Als ich nach einer viertel Stunde unruhig wurde (wir standen halb auf der Straße!) reichte er wortlos eine weiteren 20er herüber und erzählte weiter von der Schlechtigkeit einiger Menschen. Und so ging das eine Weile weiter, bis er 100.-DM bezahlt hatte - dann stieg er aus und kündigte an, sich mit den Bardamen weiter darüber zu unterhalten.

 

Am nächsten Abend kam ich zufällig etwa zur selben Zeit an derselben Stelle an der Hörsterstraße vorbei - und da stand er wieder, hielt mich an und ließ sich zu derselben Bar fahren (es war wohl beide Male nach einer Vorstellung gewesen, ich meine er hätte erzählt, eine kleine Rolle im Stadttheater zu haben). Vor der Bar wiederholte sich auch tatsächlich das Procedere vom Vorabend - nur dass er dieses Mal mit 10.-DM-Scheinen bezahlte und bereits nach 30.-DM in die Bar ging.

Peter Comin heute
Peter Comin heute

Das war dann meine letzte Begegnung mit diesem Fahrgast, danach habe ich ihn in keiner Nachtschicht mehr gesehen - nur noch einmal auf der Bühne im Wolfgang-Borchert-Theater.

 

Er erzählte nicht nur von Problemen, sondern erzählte auch begeistert von seinen Auftritten und Rollen - die wohl nicht immer genügend gewürdigt würden. Es ging so nach der Devise: "Junger Mann, ich will ihnen mal was erzählen...!". Ich fand ihn sehr knuffig und liebenswürdig.

 

Busso Mehring war eine 'Seele von Mensch' - aber er wirkte auf mich auch sehr einsam.


Nachbar Michael Zahlten:

Ich habe mit meinen Eltern auf der Geiststraße gegenüber Herrn Busso Mehring gewohnt.

 

Wir hatten die Bäckerei und meine Mutter hat sich viel um „Busso „ gekümmert. Ich kann mich nicht an so kleine Dinge erinnern. Sein Fahrrad , seine Auftritte im Bäckergeschäft oder seine Proben vor der Tür  ….

Er hat auch eine Zeitlang auf dem Pohlbürgerhof gewohnt.

 

Ein ganz besonderer Mensch!!


Kultur-Moderatorin Renate Leona Rave-Schneider:

...Er fiel mir mit seinem eleganten Kleidungsstil, seinen Schuhen an großen Füßen, dem Teint mit Akne-Haut und der roten Knollennase gleich auf. Er war unterhaltsam und witzig..

...Ich sah Busso dann 1990 in einer Aufführung des Zimmertheaters wieder, ich habe den Titel vergessen, es ging um Vermieter und Mieter und er spielte eine tragende Rolle und hatte einen hochroten Kopf wie ein Kürbis, ja, Kürbisse bzw. Melonen waren auch mit im Spiel, das Borchert-Theater wird es wissen. Ich weiß nur noch, dass er brillant spielte.

 

 .. "Der Ansager einer Striptease-Nummer gibt nicht auf!":
Bekannte meiner inzwischen verstorbenen Mutter haben das Stück in der Pause verlassen,weil sie es etwas obszön fanden, wie sich Mehring unter seinen Smoking Hosen einen kleinen Tanga mit akrobatischen Verrenkungen auszog. Lieder habe ich dieses Theaterstück nicht gesehen...  Eine Freundin nannte ihn ein ,Theaterviech'...


Marion Rothe:

Meine Eltern betrieben in den 70er Jahren die Gaststätte Hammer Paote in Münster auf der Hammerstraße 87. Herr Mehring war ein häufiger Gast in unserer Kneipe. Er wurde auch des Öfteren von anderen Gästen aufgezogen, da sein vollständiger Name laut eigener Aussage Rainer Maria Mehring war. Er war ein sehr umgänglicher, freundlicher und höflicher Typ. Auch habe ich ihn dann später noch mal als Trauerredner auf dem Zentralfriedhof gesehen.


Schauspielerin Carola von Seckendorff:

Ich habe verzweifelt nach einem Foto gesucht, das mich und Busso in der Aufführung „Karoline - ein fahrendes Frauenzimmer“ zeigt. Das ist so wundervoll und aussagekräftig.

 

Ich habe leider gar keine Anekdoten, mit denen ich aufwarten könnte. Ich habe Busso immer als einen sehr humorvollen, sehr höflichen (wenn man dies ausgediente Wort noch benutzt, aber Busso war ausgesprochen höflich) Menschen in Erinnerung.

 

Er hat oft unter verschiedensten schmerzhaften Krankheiten gelitten, wie z.B. einer Trigeminusneuralgie. Darunter hat er sehr gelitten, aber dennoch immer weiter gespielt und sich nie geschont.


Konrad Dahlmann:

Ich hatte Busso in meiner Studentenzeit hier in Münster um 1962 schon kennen gelernt...

Am liebsten erzählte er gerne, dass er für nichtgläubige Menschen bei ihrer Beerdigung frei die Grabrede gehalten habe, auch wenn er kaum etwas über den „lieben, guten“ Verstorbenen erfahren hatte, und dabei immer einen sehr traurigen, ausdrucksvollen Eindruck hinterließ und mit Tränen in den Augen vorgespielt hatte! Er hatte uns das mit entsprechendem Pathos öfter vorgetragen!

 

Deshalb wurde er von Beerdigungsinstituten in solchen Situationen vorgeschlagen und verdiente damit, nach seinen Aussagen, viel Geld damit.

Das war in der damaligen Zeit etwas ganz Besonderes, vor allem, dass Menschen ohne Beziehungen zur Kirche in dem damals noch sehr christlichen Münster, ohne „Popen“ beigesetzt werden konnten!!

 

Später hat er uns dann bei einigen Runden Bier von seinen Rollen im heutigen Borchert-Theater im Bahnhof und bei den städtischen Bühnen rezitiert.

Mit den besten Grüßen, in Erinnerung an Busso.


N.N.:

"Denn Mönster is en Bummelnest all siet Jan van Leyden west." Haha, aber Mehring war schon ein chanz Großer!! Unvergessen seine Solo-Performance in "Der Ansager einer Striptease-Nummer gibt nicht auf". Hab heute noch Angst, er zieht sich wirklich alles aus.. 🙂


Maler Wilfried ,Schrolli' Schroeder

Er war sehr religiös, und daher war es nicht verwunderlich, dass man ihn oft bat, auf Münsters Friedhöfen für den einen oder anderen lieben Verstorbenen die Grabrede zu halten. Busso begann zu reden und es dauerte nicht lange, dass alle am Grab "Rotz und Wasser" heulten. Und nachdem er lange gesprochen, seine Rede beendet und seinen verdienten Lohn erhalten hatte, hallte seine Stimme über den Friedhof: "Und jetzt gehen wir einen saufen!" Und dann ging´s ab zum Stuhls!

 

Ende der 1990er Jahre fand man Busso Mehring tot in seiner Wohnung auf. Er hatte eine Bleibe über der Gaststätte Lohmann in Mecklenbeck.


Fotograf Rainer Wunderlich:

... ich kannte ihn, als ich Kind war. Er wohnte an der Geiststraße, und wir begegneten uns oft im Tante-Emma-Laden "Koch" an der Turmstr. Er war schon eine wichtige "Erscheinung" und allgemein bekannt. Er war immer besonders "höflich", jung aber konservativ in seiner Erscheinung mit seiner tiefen Stimme. Es hieß immer, "da kommt der Schauspieler", und er sprach mich dann mit meinem Vornamen an. Eine schöne Erinnerung an einen besonderen Menschen.