In einer Polizey-Ordnung von 1618 hieß es:
„Wir vermerken auch, dass nunmehr gemeine Bürger und Bauern Gesundheiten zutrincken und dadurch einer dem anderen das Getränck in den Leib gleichsam zu nöthigen und zu pressen sich unterstehn,
also dass mancher alsobald den Tod davon nimmt, oder je dadurch seine Gesundheit dermaßen schwächet, dass er es sein Lebenlang wohl nicht verwindet.“
Es gab zahlreiche Verordnungen, die den übermäßigen Genuss solch „hochschädlicher Trüncke“ verboten. Die Wirte mussten großformatige Bekanntmachungen aushängen, auf denen die Namen derer mitgeteilt wurden, die zu „Trunckenbolden“ deklariert und unter „Saufkontrolle“ gestellt worden waren. Einen echten Münsteraner konnte das natürlich nicht abschrecken. Der hielt sich an den Slogan: „Wu schön is doch son Düsselken, von nen Roggen-Füsselken“. Und die Begeisterung am Gerstensaft ging so weit, dass man früher das Wort „Fest mit dem Wort „Bier“ gleichsetzte. Alles, was irgendwie als Anlass zum Schlucken geeignet erschien, musste herhalten: „Mestbier“ oder „Mistbier“ wurde nach dem Düngerfahren getrunken, „Kränzebier“ vor einer Hochzeit, „Karkbier“ nach dem ersten Kirchgang einer Wöchnerin nach der Entbindung, „Maibier“ zu Ehren eines neuen Bürgermeisters, „Flaßbier“ als Nachbarschaftsfest, „Eggerbier“ war Warmbier mit Ei und nach diesem Genuss gab´s vermutlich für einige „Daudenbier“, wie man im Münsterland wenig pietätvoll den Totenschmaus nannte. Auch unter der Bezeichnung „Fell versaufen“ bekannt.
In jedem zweiten Haus in der Altstadt befand sich eine Kneipe. Oft im Liliputformat oder als „Schenke“ in einem „Höckerladen“, in dem man Salz, Petroleum oder Steinwichse kaufen konnte. Früh
morgens begann schon der „Ausschank“. Allerdings gab´s erst Mal nur heißes Wasser für den morgendlichen Kaffee, das ein paar Pfennig kostete. Gegen neun Uhr trafen sich in den kleinen Kneipen die
Mesters (Meister) im blauen Kittel und Schürze, die sich „nen Halwen“ an der Theke genehmigten. Manchmal wurde daraus aber auch ein „Bullenkopp“ mit sechs Litern Inhalt. Dem „Frühschoppen“ folgte
am Spätnachmittag ein „Dämmerschoppen“ und diesem wieder der „Abendtrunk“. War das Altbier lecker, dann flossen etliche 4/10-Liter-Gläser zum Preis von zehn Pfennig das Stück durch die
Handsaugpumpe des Wirtes. Das Bier brachten „dralle, deftige Wichter“ (vollschlanke weibliche Servicekräfte).
Von den 150 Altbierbrauereien, die es einmal in Münster gab, ist eine einzige übrig geblieben: Pinkus Müller. Carl „Pinkus“ Müller war der Enkel des Firmengründers. Er war ein begnadeter Opernsänger und beliebter Entertainer. Seinen Spitznamen „Pinkus“ kriegte er während einer nächtlichen Sauftour verpasst. Es ging darum, über eine Mauer an der Promenade eine Laterne auszupinkeln . Carl war der Einzige, der diese Leistung vollbrachte und bekam deshalb den Ehrennamen „Pinkulus“ verliehen, der später zu Pinkus verkürzt wurde.
Sehr beliebt war auch die Gaststätte „Mutter Birken“, die von einer resoluten Wirtin gemanagt wurde. Hier hatte Hermann Löns in den Jahren 1889 und 1890 einen Stammplatz an der Theke. Der
verehrte Heimatdichter muss einen starken Eindruck hinterlassen haben. So soll Mutter Birken jedes Mal wenn Hermann Löns auftauchte, gerufen haben:
„Tu das Kind raus, der versoffene Student kommt!“
Ein Beitrag von Martina Meißner